Spurlos verschwunden

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EUR 12.99

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Beschreibung

„Die Kaminski-Kids“ Band 13

Brunnen Verlag, Basel
166 Seiten, Hardcover gebunden
mit Illustrationen von Lisa Gangwisch

Eines Tages ist plötzlich keine Spur von Debora mehr zu finden. Simon und Raffi durchstöbern Haus und Hof und durchkämmen mit ihrem Collie die ganze Gegend – erfolglos. Familie Kaminski schaltet die Polizei ein. Ein Spürhund nimmt die Fährte auf. Die Spur führt bis zur Strasse vor dem Hof und endet dort plötzlich. Ist Debora in ein Auto gestiegen? Sie würde niemals freiwillig mit Fremden mitfahren. Wurde sie entführt? Der ungeheuerliche Verdacht scheint sich zu erhärten. Eine gefährliche Suche beginnt …

«Sogar Lesemuffel werden durch die Kaminski-Kids zu Leseratten!»
Schweizer Illustrierte

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Leseprobe aus „Die Kaminski-Kids: Spurlos verschwunden“

1. Schatten auf dem Hof

„Debora ist weg!“
            Simon stieg ins Mädchenzimmer hoch, um noch einmal nachzuschauen. Doch der Raum war leer und verlassen.
            Im ganzen Haus gab es keine Spur von Debora.
            „Im Hof ist sie auch nicht“, erklärte Raffi unten in der Küche. „Dabei hab ich sie grade eben noch draussen gesehen!“
            „Was denn?“, murmelte Vater. „Sonst ist sie doch immer die Erste, wenn zum Abendbrot gerufen wird.“ Er hob die Schultern. „Na ja, ich geh noch schnell rüber in die Blumenhandlung und mache den Laden dicht. Bin gleich wieder da.“
            „In Ordnung“, antwortete Mutter und deckte den dampfenden Suppentopf zu.
            Mit grossen Schritten ging Vater an Opa vorbei, der bereits am Esstisch sass.
            Neben ihm nahm Simon das Handy hervor, wählte Deboras Nummer und lauschte. „Fehlanzeige“, sagte er. „Sie meldet sich nicht.“
            Opa räusperte sich. „Vielleicht ist sie unten am Fluss – an dem Plätzchen, wo sie manchmal hingeht, wenn sie allein sein will.“
            „Stimmt!“ Raffi sah Simon an. „Da könnte sie wirklich sein. Wollen wir rasch nachschauen?“
            „Klar, komm!“
            Schon eilten die beiden hinaus.
            Im Hof bellte Zwockel aufgeregt. Der Collie schloss sich den Kids schwanzwedelnd an, als sie ums Haus herum rannten und laut nach ihrer Schwester riefen: „Debi! Deeebi!“
In der kühlen Abenddämmerung folgten Raffi und Simon dem Pfad an den Gewächshäusern vorbei zum Fluss. Zu dieser Jahreszeit anfangs November wurde es ziemlich schnell dunkel, und die Schatten in der Landschaft weiteten sich aus.
            Plötzlich blieb Raffi stehen. „Vielleicht ist Debi ja zu ihrem Pferd gegangen – obwohl sie schon am Nachmittag bei Fanny war …“
            „Da könnte was dran sein“, überlegte Simon. „Weißt du was, Raffi? Wir teilen uns auf. Du gehst runter zum Fluss, und ich sehe auf der Pferdefarm nach, das ist weiter weg.“
            „Alles klar.“ Die Kleine machte sich sofort auf den Weg.
            Simon stapfte in die andere Richtung los. „Zwockel, lauf du zur Baumhütte, und wenn Debi da ist, bellst du laut!“
            Der Collie winselte kurz und verschwand ohne zu zögern im heraufziehenden Nebel.
            „Bis nachher, Raffi!“, rief Simon. „Wir treffen uns dann wieder zu Hause!“
            „Okay!“ Fröstelnd zog die Kleine ihre Jackenärmel über die Fingerspitzen vor. Als sie das düstere Ufer erreichte, wurde ihr auf einmal bewusst, dass sie ja ganz alleine hier war. Zwockel und Simon waren weg …
            Ihr wurde ziemlich mulmig zumute.
            Bange schaute sie sich in der hereinbrechenden Dunkelheit um und folgte dann zaghaft dem Trampelpfad am Schilf entlang.
Im Wohnhaus stürzte Vater in die Küche, sein Gesicht war kreidebleich.
            „Das darf nicht wahr sein!“, stiess er hervor.
            Aufgeschreckt sah Mutter hoch. „Was ist denn?“
            „Das Geld …“ Er musste sich hinsetzen. „Jemand hat die Ladenkasse ausgeräumt!“
            „Was?“
            „Fast alles ist weg! Viele Kunden haben ja heute ihre Wochenrechnung beglichen – der Wirt vom ‚Adler’ war auch grad da und hat bezahlt.“
            „War denn sonst noch jemand auf dem Hof?“, wollte Opa wissen. „Hast du irgendwen gesehen, der nicht hierher gehört?“
            „Nein, mir ist keiner aufgefallen.“
            „Hmm.“ Grossvater runzelte die Stirn und blickte ins Leere. Er war fast blind und konnte lediglich schattenhafte Umrisse vor seinen Augen erkennen. „Wer könnte denn das Geld genommen haben, wenn niemand da war?“
            „Eben war’s noch in der Kasse!“, rief Vater. „Es muss in den letzten paar Minuten passiert sein! Vielleicht ist der Dieb sogar noch in der Nähe – und versteckt sich irgendwo, bis die Luft rein ist …“
            Opa dachte nach. „Wo könnte der sich denn verbergen?“
            „Vielleicht in einem der Gewächshäuser“, überlegte Vater. „Oder unten im Schilf am Fluss …“
            „Hhh!“ Mutter sog erschrocken Luft ein. „Da suchen doch die Kinder nach Debora! Wenn die nun dem Dieb in die Quere kommen …“
            „Ich geh nachsehen!“ Vater schnappte sich die Taschenlampe aus dem Schrank in der Diele.
            Er verliess das Haus durch die Hintertür und leuchtete gleich ins erste der beiden Gewächshäuser.
            Der helle Strahl strich in der Dunkelheit über Pflanzen, Erde und Kisten. Nirgends war etwas Auffälliges zu entdecken. Kein Mensch verbarg sich da im Dunkeln.
            Rasch hastete Herr Kaminski zum zweiten Pflanzentunnel. Wenn da ebenfalls nichts wäre, würde er sich schnellstens auf den Weg zum Fluss machen …
Raffi tappte am finsteren Ufer entlang. Nebelschwaden stiegen vom Wasser auf und hüllten alles in einen dichten Schleier.
            Als sie ganz nah am Schilf war, hörte sie plötzlich ein Geräusch.
            Ein Rascheln.
            Sie blieb stehen, kniff die Augen zusammen und musterte das undurchdringliche Rohrdickicht.
            Da sah sie eine Bewegung.
            Ein Schatten zeichnete sich zwischen dem hohen Riedgras ab.
            War das ein Tier? Ein Mensch?
            Jemand, der da kauerte?
            Raffi konnte es unmöglich erkennen.
            Vorsichtig beugte sie sich nieder und versuchte, mehr von der Gestalt zu sehen.
            Konnte das am Ende Debora sein?
            Die Kleine schluckte leer. „Debi?“, wisperte sie mit zitternder Stimme in den Nebel hinein. „Bist du das?“
            Keine Antwort.
            Eine unheimliche Stille lastete über der Gegend.
            Da raschelte es erneut.
            Raffi bückte sich noch tiefer. Doch von hier war auch nicht mehr auszumachen. Dazu müsste sie näher herangehen …
            Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und setzte achtsam einen Fuss vor den anderen.
            Ganz langsam trat sie auf das gespenstische Wesen zu.
            Auf einmal bewegte sich der Schatten.
            Die Kleine blieb wie angewurzelt stehen und hielt den Atem an.
            Gebannt starrte sie auf den Umriss.
            Plötzlich schnellte die Gestalt blitzartig in die Höhe. Wasser spritzte hoch.
            Raffi schrie auf. Zu Tode erschrocken tappte sie rückwärts. Dabei stolperte sie und fiel hin.
            Wie gelähmt blieb sie im feuchten Gras auf dem Rücken liegen, vollkommen hilflos diesem schattenhaften Wesen ausgeliefert – was auch immer es sein mochte …

2. Wie vom Erdboden verschluckt

Ein lautes Schnaufen kam auf Raffi zu. Sie zitterte vor Angst und wagte sich nicht zu rühren. Aus den Augenwinkeln sah sie einen Lichtstrahl über das Gras huschen.     Immer näher …
            Nun strich der Schimmer knapp neben ihr vorbei.
            Ihr blieb fast das Herz stehen.
            Der grelle Schein erfasste sie und blendete in ihren Augen.
            „Da bist du ja!“ Sie erkannte die Stimme. Es war Vater. „Ich hab dich schreien hören, Raffi! Was ist denn los?“
            Keuchend kniete er neben ihr nieder. „Bist du verletzt?“
            Die Kleine brachte kaum einen Ton heraus. Angstvoll setzte sie sich auf und zeigte ins Schilf. „D-da!“, stammelte sie. „Da ist was!“
            „Wo?“ Vater erhob sich und leuchtete mit der Taschenlampe die Stelle ab.
            Angespannt musterte er das Dickicht.
            Doch er konnte nichts entdecken.
            „Bist du sicher?“, fragte er.
            „Ja … Ein riesiger Schatten kam plötzlich auf mich zu, und da bin ich hingefallen.“
            „Ein Schatten?“
            „Mhm. Ich konnte nicht genau erkennen, was es ist …“
            „Aber Debora hast du nirgends gesehen?“
            „N-nein.“
            Vater richtete die Stablampe noch einmal auf das Schilf und trat vorsichtig darauf zu.
            Er starrte die Stelle durchdringend an.
            Es war keine Regung zu sehen. Nicht der leiseste Hauch.
            Aufmerksam ging Vater am Ufer entlang und leuchtete sorgfältig in jeden Winkel des feuchten Gestrüpps.
            Doch es gab nichts Auffälliges weit und breit.
            „Tja“, sagte er nach einer Weile. „Vielleicht war’s ein Tier.“ Ganz überzeugt klang er allerdings nicht.
            Er kam zurück, streckte Raffi die Hand hin und half ihr hoch. „Dann wollen wir mal, sonst erkältest du dich noch.“
            Fürsorglich legte er den Arm um ihre Schulter und ging mit ihr zurück zum Haus.
            Unterwegs wandte er einige Male den Kopf, um zu überprüfen, ob ihnen jemand folgte.
            Aber da war niemand.
            Jedenfalls niemand, den er sehen konnte …
Auf dem Kaminski-Hof wartete Mutter im Dunkeln vor dem Haus. Raffi rannte auf sie zu, schmiegte sich an sie und erzählte aufgeregt von ihrem Erlebnis am Fluss.
            Gleichzeitig kam Zwockel hechelnd auf den Hof und lief im Kreis herum.
            Simon folgte wenig später. „Nichts“, verkündete er ausser Atem. „Weder auf der Pferdefarm noch in der Baumhütte. Und ihr?“
            „Keine Spur“, erwiderte Vater. „Ist Debora vielleicht mit dem Fahrrad weg?“
            „Nein“, antwortete Mutter. „Ihr Rad ist da, ich hab nachgesehen. Wo könnte sie denn bloss stecken? Das hat sie doch noch nie getan, ohne ein Wort fortzubleiben.“
            „Mach dir keine Sorgen“, versuchte Vater sie zu trösten. „Sie ist ja noch nicht gross verspätet.“
            „Bei jemand anderem wäre das vielleicht nicht lang“, wandte Mutter ein. „Aber Debora ist zuverlässig wie eine Uhr – sie kommt nie zu spät, nicht mal fünf Minuten … Wenn sie so lange fehlt wie jetzt, dann stimmt was nicht …“
            Zwockel schnupperte bei der Blumenhandlung unter dem Fenster am Boden herum. Plötzlich begann er zu bellen.
            „Was ist denn, Zwockel? Komm her!“
            Doch der Collie blieb an Ort und Stelle und bellte bloss noch heftiger.
            „Ich schau mal nach …“ Simon ging zum Hund hinüber.
            Raffi und die Eltern folgten dem Jungen, und Vater leuchtete mit der Taschenlampe das Kopfsteinpflaster vor dem Ladenfenster ab.
            Im Lichtstrahl glitzerte etwas.
            Ein goldenes Kettchen mit einem zierlichen Goldkreuzchen als Anhänger.
            „Debis Kettchen!“ Simon hob es auf und betrachtete es von Nahem. „Es ist zerrissen …“
            Die Eltern warfen sich einen besorgten Blick zu.
            „Seltsam“, meinte Raffi. „Wann hat sie das denn hier verloren?“
            „Sie muss doch gemerkt haben, wie es zerrissen ist und runterfiel“, meinte Simon.
            „Aber warum hat sie’s dann nicht aufgehoben?“, wandte die Kleine ein. „Das Kettchen bedeutet ihr doch so viel …“
            Simon nickte ernst. „Eben! Sie hat es bestimmt nicht freiwillig liegenlassen … Da stimmt eindeutig was nicht!“
            „Oh-oh“, murmelte Raffi bange.
            „Kommt“, sagte Vater. „Lasst uns reingehen und drinnen weitersprechen. Wir müssen euch auch noch was anderes erzählen. Wir haben nämlich im Blumenladen was entdeckt, als ihr unterwegs auf der Suche nach Debora wart …“