Das Geheimnis von Marrakesch

CHF 19.80

EUR 12.99

Klassensatz: 25% Rabatt ab 20 Ex. desselben Titels (Gilt in der Schweiz. Rabatt in Deutschland/Österreich auf Anfrage)

Beschreibung

„Die Kaminski-Kids“ Band 12

Brunnen Verlag, Basel
192 Seiten, Hardcover gebunden
mit Illustrationen von Lisa Gangwisch

Kaum im Marokko-Urlaub angekommen, lernen die Kids in den Gassen von Marrakesch das Mädchen Saida und den Jungen Abdel kennen. Als in ihrer Nähe ein verlassenes Baby auf der Straße gefunden wird, versuchen sie, dessen Mutter aufzuspüren. Doch dabei stoßen sie auf ein dunkles Geheimnis – und jemand will um jeden Preis verhindern, dass es gelüftet wird. Ein gefährlicher Fall für die Kaminski-Kids …

Entstanden in Zusammenarbeit vor Ort in Marokko mit dem Hilfswerk Terre des hommes.

Die Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten.

10 % der Autoreneinnahmen dieses Buches gehen an das Hilfswerk Terre des hommes für die Kinder in Marokko.

«Sogar Lesemuffel werden durch die Kaminski-Kids zu Leseratten!»
Schweizer Illustrierte

FAIRTRADE
Kaufe Dein Buch hier im Shop und unterstütze damit Deinen Lieblings-Autor.

 

Leseprobe aus „Die Kaminski-Kids: Das Geheimnis von Marrakesch“

1. In Bedrängnis

„Achtung!“  Erschrocken zeigte Simon durch die schmutzige Autoscheibe nach vorne. „Da drängt ein Mofa rein, und in unserer Spur steht ein Eselkarren!“ Am Steuer blieb seine Tante Liliane völlig gelassen. „Das ist ganz normal hier“, lächelte sie. „Alles unter Kontrolle. Oder besser gesagt: Gar nichts unter Kontrolle.“  Raffi kriegte vor Staunen den Mund nicht mehr zu. „In diesem fremden Land hier sieht ja alles ganz anders aus als bei uns zu Hause!“ Das konnte man wohl sagen: Auf der schmalen Fahrbahn drängten sich Fussgänger, Kinder, Männer mit Schubkarren, verbeulte Autos und ein ganzer Schwarm hupende Mofas. Dichte Abgaswolken erfüllten die Luft mitten in Marrakesch.  Tante Liliane war in dieser afrikanischen Grossstadt für ein Kinderhilfswerk tätig und hatte die Kids und ihre Eltern  eingeladen, sie in den Herbstferien zu besuchen.  „So, da sind wir!“, verkündete sie und hielt auf einem belebten, staubigen Platz an. „Ihr könnt schon mal vorgehen, ich bringe nur noch rasch den Wagen weg.“ Zwischen den vielen Leuten und Fahrzeugen hindurch deutete sie auf eine bevölkerte Strasse. „Die erste Gasse dann gleich rechts rein.“ „Okay.“ Debora, Raffi, Simon und ihre Eltern kletterten aus dem verschrammten Geländewagen mit der Aufschrift Terre des hommes und begannen, ihr Gepäck auszuladen. Trockene Hitze schlug ihnen entgegen – auch im Oktober gab es hier locker über 30 Grad. Das Viertel duftete nach Gewürzen und pulsierte vor Stimmengewirr, Geknatter und Gehupe. Rund herum wimmelte es von verschleierten Frauen und Männern, die eine Art bodenlange Hemden trugen.   Ein Einheimischer in einem solchen Kaftangewand beobachtete die Familie aus schmalen Augen. Als das ganze Gepäck ausgeladen war, fuhr Liliane los. Frau Kaminski winkte ihrer Schwester hinterher, die mit dem Jeep davonbrauste.  Der Mann im weissen Kaftan blickte dem Auto nach. Sobald es hinter einer Biegung verschwand, trat er rasch vor, griff sich den grossen Familienkoffer und fragte, wohin sie müssten.  Etwas verblüfft nannte Herr Kaminski die Adresse: „Derb Saleh elf …“  Zwar war die Landessprache im Königreich Marokko hier Arabisch, aber viele Leute sprachen auch Französisch, wovon alle Kaminskis zumindest ein paar Brocken beherrschten, und so konnten sie sich einigermassen verständigen.  Der Einheimische mit dem faltigen sonnengegerbten Gesicht zog den Rollkoffer voran, und sie folgten ihm mit ihren Reisetaschen durch das Getümmel auf der Strasse.  Am Boden sassen Bettler, dazwischen boten verhüllte Gestalten Papiertaschentücher und einzelne Bonbons zum Verkauf an. Jugendliche lehnten an Hausmauern oder streiften mit suchenden Blicken herum. Raffi fühlte sich ein wenig mulmig. „Sind wir bald da?“ „Keine Ahnung …“ Vater wischte sich den Schweiss von der Stirn. Am Strassenrand fielen Simon Einheimische auf, die seine Familie aufmerksam aus den Augenwinkeln musterten, als führten sie etwas im Schild. Warum wohl, fragte er sich. Machte er sich da zu viele Gedanken und das Ganze hatte gar nichts zu bedeuten? Oder am Ende eben doch? Man hörte ja so Sachen … Würden die ihnen vielleicht nachher unauffällig folgen in einem abgekarteten Spiel mit diesem seltsamen Führer? Wohin brachte der sie denn eigentlich? Wirklich an den richtigen Ort? Oder bloss in eine einsame Gasse, wo … Es blieb keine Zeit, lange darüber nachzudenken – sie mussten zusehen, dass sie dem Mann im Gedränge überhaupt folgen konnten und ihn nicht aus den Augen verloren.  Im Gehen versuchte Debora, irgendwo einen Strassennamen zu erkennen. „Derb Saleh“, murmelte sie. ‚Derb’ hiess ‚Gasse’ … Aber alles war in arabischen Schriftzeichen angeschrieben. Man hatte keine Chance, die Schilder mit den Schlangenlinien und Tüpfelchen zu entziffern und sich in der Gegend irgendwie zurechtzufinden.       Plötzlich entstand in der Nähe ein Aufruhr. Ein junges Paar wurde von drei Marokkanern lautstark angeschnauzt. Das Pärchen stammte anscheinend aus Deutschland und verteidigte sich hitzig mit Worten und Gesten, was die Einheimischen bloss noch zorniger machte. Sie stiessen den Mann an und lärmten herum, bis er widerwillig einen Geldschein aus der Tasche kramte. Die drei Männer nahmen den Schein und zogen damit davon.  Vater und Mutter warfen sich einen beunruhigten Blick zu.  Den Kids ging es nicht anders. Was sollte das denn, dachten sie. Würden sie wohl nächstens auch von ein paar Einheimischen bedrängt werden? Wer konnte das schon wissen – das war alles so schwer einschätzbar hier …

Der Führer im weissen Kaftan bog mit dem Rollkoffer von der Hauptgasse ab, und die Familie Kaminski tauchte in eine einsame Gegend ein. Hier waren nur noch wenige Menschen unterwegs. Beidseits der Gasse erhoben sich hohe fensterlose Mauern von angrenzenden Häusern.  Nach ein paar Biegungen konnten die Kids einen Blick durch eine offene Hintertür in eine Gasthausküche werfen. Drinnen schälten Kinder Karotten und spülten von Hand Geschirr. Einige von ihnen waren so klein, dass sie noch nicht mal zur Schule gingen. Ein dunkelgelockter Junge in Deboras Alter steckte gerade einem etwas älteren, hübschen Mädchen mit rotem Kopftuch einen Brocken Brot zu, den sie sofort hungrig hinunterschlang. Die Kids rissen sich von dem befremdenden Anblick los und gingen weiter.  Raffi hatte einen dicken Kloss im Hals, weil dieses Mädchen solchen Hunger hatte. So arme Kinder hatte sie bisher nur auf Bildern gesehen …  An der nächsten Ecke hielt ihr Führer kurz bei einem Mann an, der an der Hausmauer lehnte, und murmelte ihm etwas zu, worauf dieser mit unbewegter Miene in Arabisch zurückmurmelte.  Was hatte das nun wieder zu bedeuten …? Die Gassen wurden zunehmend schmaler, düsterer und ärmlicher. An manchen Stellen blätterte die Farbe oder bröckelte sogar das Gestein ab. Hin und wieder ertönte hinter den schroffen, abweisenden Mauern das Krähen eines Hahns, sonst blieb alles still. Irgendwann war überhaupt niemand mehr zu sehen.  Plötzlich folgten ihnen zwei junge Männer, und Simons ungutes Gefühl stieg noch stärker an. Da war er nicht der einzige. „Ich weiss nicht, ob mir das gefällt“, sagte Vater und blieb stehen. Abwartend musterte er den Führer, der unentwegt voranmarschierte.  Mutter nickte. „Ich habe keine Ahnung, wo der uns hinbringt. Und was das hier werden soll.“ Bange griff Raffi nach Simons freier Hand. Schmerzlich vermisste sie Zwockel – wäre der Hund da, würde sie sich bedeutend sicherer fühlen … „Hab keine Angst, Raffi.“ Simon zog die Kleine dicht an seine Seite und liess Debora zwischen sich und die Eltern, damit sie gegen hinten geschützt war. Mit der anderen Hand hielt er seine Reisetasche fest gepackt. Er überlegte, wie er sich verteidigen könnte, falls es hart auf hart kommen sollte. Sein Taschenmesser war im Koffer, also nicht griffbereit – womit würde er sich sonst wehren? Unauffällig schaute er sich schon mal nach Fluchtwegen um.  Es gab keine.  Hinter ihnen waren die jungen Männer, vor ihnen der Führer. Und da – dieser dunkle Hauseingang dort vorne sah ganz danach aus, als könnte jemand darin verborgen sein …  „Warten Sie mal, Monsieur“, rief Vater in diesem Moment dem alten Mann zu. „Ist es noch weit?“Der Führer schüttelte den Kopf und lächelte. In seinem Mund kamen dabei ein paar einsame gelbe Zahnstummel zum Vorschein.  Mutter schaute Vater zögernd an. „Wollen wir wirklich weiter in diese verlassene Gegend hinein?“Angespannt wandten die Kids sich um. Die zwei jungen Männer kamen immer näher, verlangsamten aber den Schritt. „Zurückfinden würden wir auf keinen Fall“, murmelte Debora beklommen. „Hier sieht eine Gasse wie die andere aus. Das ist das reinste Labyrinth.“  Auf einmal ertönte hinter der Biegung ein Getrappel. Entschlossene Schritte kamen rasch näher.  Die Kinder hielten den Atem an.  Da bog jemand um die Ecke.  Eine Frau mit langen schwarzen Haaren.  Tante Liliane. Erleichtert bliesen die Kids Luft aus.  „Da seid ihr ja!“, rief Liliane beschwingt. Doch als sie den Führer mit dem Rollkoffer sah, wich das Lächeln aus ihrem Gesicht.  Energisch trat sie vor und wechselte ein paar arabische Worte mit ihm.  Ihre Rede schien ihm überhaupt nicht zu gefallen. Er widersprach und wurde ziemlich laut dabei.  Nach ein paar gestenreichen Einwänden überliess er ihr schliesslich doch den Koffer und verschwand murrend in der verwinkelten Gasse.  Von hinten schlenderten die beiden jungen Männer vorüber, als wäre nichts gewesen. „Tut das nie wieder“, warnte Liliane ihre Besucher. „Geht nie mit solchen unbewilligten Führern mit – auf keinen Fall! Es gibt staatlich anerkannte Fremdenführer, aber die muss man sich im voraus besorgen. Die anderen führen dich im Kreis rum, verlangen viel zu viel Geld, und wenn man das nicht zahlen will, werden sie äusserst aggressiv.“ Ach so, dachten die Kinder – vielleicht war vorhin genau das dem deutschen Pärchen passiert.  Oder auch nicht. So oder so war es echt eigenartig, dieses afrikanische Land, wo sie nun die nächsten zwei Wochen verbringen würden. Und dies, so hofften die Kids, möglichst ohne in gefährliche Lagen zu geraten. Doch da täuschten sie sich gewaltig, denn es sollte schon sehr bald ganz anders kommen …